Füllhorn der Chancen – oder ein Feld ungelöster Probleme?
Timing, Antifragilität und Zukunftsfähigkeit in der Ära von Deep Tech.
Veranstaltungsdatum: 23.09.2023
Stephan Huthmacher
Der große französische Romancier des 19. Jahrhunderts, Victor Hugo, hat einmal gesagt: „Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Gegenwärtig, wo sich die generative KI und die dynamischen, an die menschliche Biologie angelehnten Entwicklungen in der Robotik auf breiter Front Bahn brechen, scheint dieses Bonmot treffender denn je. Diese disruptiven Technologien sind nicht nur mächtig, in einigen Bereichen wirken sie wie eine Abrissbirne. Jedenfalls sind sie in rasantem Tempo dabei, unsere Arbeitswelt, Wirtschaft und Gesellschaft radikal umzugestalten.
KI steht im Zentrum dieser Transformation. Was noch vor Kurzem als oft dystopische Science-Fiction oder Vision einiger mutiger Vordenker:innen galt, ist heute Realität. Die revolutionäre Kraft dieser Deep Tech-Innovation ist inzwischen unübersehbar: in Schulen, Universitäten, bis hin zu Entwicklungs- und Forschungslaboren, Marketingabteilungen und Vorstandsetagen der Wirtschaft. Die generative KI hat das Potenzial, die Art und Weise zu verändern, wie wir arbeiten, lernen, forschen und uns weiterbilden. Zweischneidig wie sie ist, kann sie uns einerseits informierter, schneller, effizienter und kreativer machen. Andererseits hat sie in Verbindung mit autonomen Systemen und humanoider Robotik die Macht, unsere Vorstellung, wie wir als Gesellschaft miteinander leben wollen, in einem Maße und Tempo zu beeinflussen, das von vielen als überwältigend empfunden wird.
Die Veröffentlichung von ChatGPT hat eingeschlagen wie ein Asteroid. Jetzt, wo sich der Staub etwas gelegt hat, können wir sowohl die Potenziale als auch die Herausforderungen der generativen KI klarer sehen. Dennoch oder gerade deshalb reichen die Reaktionen von ungefilterter Begeisterung über Mahnrufe und ernsthafte Bedenken bis hin zu Forderungen nach Regulierungen oder sogar nach einem Moratorium. Während also die einen diese Technologie als Erweiterung ihrer Fähigkeiten sehen und schätzen, sehen sich andere von ihr in Frage gestellt und zur Neupositionierung gezwungen.
Für Unternehmen wird es entscheidend sein, den richtigen Zeitpunkt und das richtige Maß zu finden, um in diese Technologie zu investieren und sie für die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu nutzen. Sie stehen vor wichtigen Fragen: Ist unser Geschäftsmodell vor dem Hintergrund generativer KI und anderer Deep Tech-Innovationen noch zukunftsfähig? Wie hoch sind die Gesamtkosten durch Einbußen an Effizienz und Innovation, wenn wir mit der Digitalisierung zu lange zögern? Und: Wie sieht es mit unserer Veränderungsfähigkeit aus? Selbst wenn wir das richtige Timing finden – welche organisatorischen, mentalen und kulturellen Voraussetzungen muss ein Unternehmen erfüllen, um sich in dem Tempo verändern zu können, dass die rasante Technologie-Entwicklung vorlegt?
Diese Fragen und Herausforderungen betreffen nicht nur Unternehmen, sondern auch Staaten. Wer hat die Nase vorn im Rennen um die Pole Position in Sachen Deep Tech? Welche Faktoren machten ein Land wie China so erfolgreich? Gelten sie immer noch? Und wie positionieren wir uns in diesem Spannungsfeld von Partnerschaft und Rivalität?
Hinzu kommt: KI und Neurorobotik berühren uns im Kern dessen, was es bedeutet, menschlich zu sein. Die Reaktionen polarisieren auch hier. Gefragt, was das spezifisch Menschliche an uns ist, haben wir uns bisher auf unsere Fähigkeit zur Innovation, Schöpfung, Intelligenz und Kreativität berufen. Die Kritiker:innen der aktuellen Entwicklung sagen: All dies werde durch die generative KI mit einem großen Fragezeichen versehen. Andere sagen: Die KI wird zwar einiges überflüssig machen, doch noch mehr radikal verändern oder weiterentwickeln und neue, heute noch unbekannte Türen öffnen. Es wird andere Formen von Kreativität geben. Die Innovationsfähigkeit und der Einfallsreichtum von Menschen und Organisationen wird sich an anderen Maßstäben messen lassen müssen. Auch das Tempo wird sich insgesamt verändern. Voraussetzung dafür wird sein, dass wir nicht gegen, sondern mit der Technologie und ihren Möglichkeiten gehen und sie in einer Mensch-Maschine-Kooperation für unsere Zwecke nutzen. Time will tell.
Eines steht fest: Noch nie war Deep Tech so aufregend wie heute! Dieser Dynamik versuchen wir auf unserem Kongress gerecht zu werden, indem wir einen weiten thematischen Bogen spannen. Unsere Referentinnen und Referenten werden uns die Inspiration für etwas geben, das wir Menschen (nach wie vor!) am besten können und das wir für unsere Weiterentwicklung als Individuen und als Gesellschaft so dringend brauchen: bereichernde Begegnungen, anregende Gespräche und erkenntnisfördernde Diskussionen.
Artikel: Rückschau auf die 15. Petersberger Gespräche
Der Salon für Wirtschaft, Technologie und Wissenschaft – zum 15. Mal
Der Kongress beginnt für mich bereits mit dem Passieren der Schranke und der Kontrolle durch die Bundespolizei. Nur geladene Gäste erhalten Zutritt. Nachdem das schwere Eisentor den Weg frei macht, liegt die mich jedes Mal aufs Neue beeindruckende Parkanlage vor mir. In ihrem Zentrum der klassizistische Springbrunnen und dahinter die Villa Hammerschmidt in den ersten Sonnenstrahlen des noch jungen Tages. Beim Gang durch die große Holzpforte begrüßt mich dieser besondere, mir inzwischen vertraute Geruch von Historie und Bedeutung. Ich freue mich, hier zu sein und erwarte viel von dem bevorstehenden Tag.
Der Tag
Es ist Samstag, der 23. September 2023, und die Comma Soft AG lädt zum 15. Mal zu den Petersberger Gesprächen ein, einem interdisziplinären Forum für den Dialog zwischen führenden Vertretern und Vertreterinnen aus Wirtschaft, Technologie und Wissenschaft. Einem modernen Salon für ein Miteinander auf Augenhöhe, für Inspiration und Weiterentwicklung der eigenen Perspektiven. An diesem atmosphärischen Ort, dem Zweitwohn- und Zweitamtssitz des Bundespräsidenten, ist es mir immer ein großes Anliegen, Entscheider und Entscheiderinnen aus Wirtschaft und Technologie miteinander ins Gespräch zu bringen; nicht um fertige Lösungen zu präsentieren, sondern um über Unfertiges zu sprechen und um stimulierende und inspirierende Denkanstöße zu geben.
Willkommen!
Beschäftigten sich die Petersberger Gespräche im vorherigen Jahr mit der Bedeutung des Perspektivwechsels für ein neues Denken und neues Tun in Wirtschaft, Forschung und Entwicklung, so widmen sie sich an diesem Samstag erneut einem technologisch geprägten Thema. Es lautet: „Füllhorn der Chancen oder ein Feld ungelöster Probleme? Timing und Antifragilität in der Ära von Deep Tech.“
Punkt 9.00 Uhr eröffne ich unseren Kongress und heiße alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer willkommen. In meiner kurzen Begrüßungsansprache stelle ich noch einmal den gedanklichen Rahmen für den Tag vor und widme mich dabei ganz besonders der Bedeutung von Deep Tech für die Zukunftsgestaltung unserer Wirtschaft. Im Zentrum stehen so avancierte Technologien wie die Generative KI mit ihren großen Sprachmodellen und das Quantencomputing mit seinen jede Vorstellkraft sprengenden Rechenmöglichkeiten. Ein Leitgedanke dabei war: „Als ChatGPT Ende des vergangenen Jahres für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, schlug dies ein wie ein Asteroid. Über Nacht wurde eine für die meisten Menschen eher kryptische Technologie zur Alltagstechnologie – und zum medialen Tsunami. Keine Frage: Die KI ist kein vorübergehender Hype, sie ist gekommen, um zu bleiben.“
Die Villa Hammerschmidt (l.), Prof. Hans Uszkoreit zu Generativer KI (r.)Generative KI kann nicht alles, aber von Beginn an sehr vieles gut
Wie die Generative KI das erreicht hat, darüber berichtet der erste Redner des Tages. Prof. Hans Uszkoreit schöpft dabei aus beeindruckenden 40 Jahren Forschung im Bereich der Computerlinguistik und KI in den USA, China und in Deutschland. Die Kernbotschaft seiner Ausführungen: Wir stellen zu viele widerstreitende Erwartungen an LLMs (wie die Large Language Models auch genannt werden). Ein solches System „soll explanatory, truthful und kreativ sein, soll sich Sachen ausdenken können, es soll Romane schreiben können und Marketingpläne. Andere sagen, es soll sich nichts ausdenken, sondern bei der Wahrheit bleiben, wenn ich eine Analyse von einer Produktionskette habe, um Gottes willen, bloß nichts ausdenken! […] Wir erwarten von diesem System, das System soll Gott sein.“ Uszkoreit macht hier klar, dass es in der Nutzbarmachung dieser Modelle darum nicht gehen kann und sollte. Der Vergleich hat etwas für sich, denke ich, Gott ist per definitionem unfehlbar, ChatGPT & Co. machen aber noch viele Fehler, sprich Halluzinationen. Dennoch unterstreicht der Computerlinguist der ersten Stunde mit Nachdruck die Potenziale, die in der Individualisierung dieser großen Sprachmodelle liegen und hebt deren vielfältigen Nutzen für die Wirtschaft hervor.
Dr. Andrej Fischer: Generieren & Kritisieren (l.), Raum & Zeit für Begegnungen (r.)Ein Ort der intellektuellen und persönlichen Begegnung
Seiner Keynote folgen im großen Saal der Villa etwa 80 Entscheider:innen aus Wirtschaft, Technologie und Wissenschaft. Wie in jedem der zurückliegenden 14 Jahre, in denen unser Herbstkongress stattgefunden hat, sehe ich neben vielen mir vertrauten und persönlich bekannten Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch neue Gesichter. Man merkt, dass sich viele Teilnehmer kennen: Bereits vor dem Beginn des Kongresses ist die Gesprächsatmosphäre beim Frühstück im Atrium sehr angeregt. Das freut mich sehr. Schließlich ging es mir bei der Initiierung der Petersberger Gespräche vor knapp 20 Jahren genau darum: Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Wirtschaft, Technologie und Wissenschaft miteinander in Verbindung zu bringen, sodass sie sich sowohl persönlich kennenlernen als auch in einen inspirierenden und den eigenen Horizont erweiternden Austausch miteinander treten.
Machine Teaching und Nutzen für Unternehmen als datenbasierte Expertensysteme
Folgt man dem Computerlinguisten Uszkoreit, ist die Entwicklung von Generativer KI aktuell in eine Phase getreten, in der es nicht mehr so sehr um die Algorithmen geht, sondern um Machine Education und Machine Teaching: „Was wir im Moment an Fortschritten sehen, ist alles Machine Teaching. Wir geben dem System andere Curricula, andere Materialien, das ist der große Unterschied im Moment, und das ist ein ganz neues Spiel.“ Uszkoreit spielt hier leidenschaftlich auf die steigende Bedeutung der großen, mit Unternehmensdaten trainierten und feingetunten Sprachmodelle für Unternehmen an. Ihre große Stunde schlage hauptsächlich dann, wenn sie die Corporate Knowledge eines Unternehmens auf eine neue Stufe heben.
ChatGPT im praxisorientierten Turbomodus
Dieser pragmatischen Seite der großen Sprachmodelle widmet sich im letzten Vortrag des Vormittags unser KI-Spezialist und Mitglied unseres Executive Managements, Dr. Andrej Fischer. Er verortet ihre Leistungsfähigkeit in einem Bereich, den er den „Armchair Criticism“ nennt: Eine Haltung, aus der heraus das Kritisieren und Urteilen der generierten Lösungsvorschläge die menschliche Problemlösungsfähigkeit enorm beschleunigt.
Konsistenz, Relevanz und Aktualität der generierten Texte von ChatGPT & Co., so Fischer weiter, lassen sich durch sogenannte Retrieval Augmented Generation (RAG) verbessern. Er erläutert, dass es sich bei dieser von Comma Soft häufig angewandten Methode um eine erweiterte Berücksichtigung von Kontextdaten handele. Genauigkeit und Zuverlässigkeit von Sprachmodellen werden durch die Suche in vorher vorbereiteten, mit Unternehmensdaten gefüllten Dokumentenbibliotheken sowie durch die gezielte Anwendung von speziellen Plug-ins deutlich gesteigert. Neben das Höchstmaß an Transparenz und Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse tritt die volle Kontrolle. „So kann ich mir“, so Fischer weiter, „aussuchen, in welchen Bibliotheken gesucht wird, ich kann bestimmen, was darf der User mit seiner Rolle, mit seinen Rechten in den Unternehmen, was darf er überhaupt sehen und was nicht, und das füge ich dem dann hinzu.“ Fischer schwärmt von diesen mannigfaltigen Funktionalitäten, die man in den Basismodellen vergeblich sucht.Fazit des Comma-Soft-Experten: „Was ChatGPT out-of-the-box schon sehr gut kann, ist […] das gesammelte Wissen dieser Welt aus dem Trainingsmaterial zu nutzen. Und was heute schon geht, sind Agenten, die sehr selbstständig komplexe Softwareprobleme lösen. Die Steigerung der Produktivität im Bereich Softwareentwicklung, Vorbereitung auf Kundentermine, Lösung von Problemen jedweder Art, Recherchearbeiten […] ist phänomenal.“
Natürlich kenne ich die Methode unserer KI-Experten. Es ist für mich aber darüber hinaus – und dazu zählt auch das Feedback, das ich von vielen Teilnehmern erhalten habe – sehr erfreulich zu sehen, auf welches Interesse dieser individualisierte Ansatz trifft. Fischer hat den Gästen der Petersberger Gespräche hier eindrücklich vorgeführt, in welcher neuen Ära der Technologie wir uns mit GenAI befinden und wie Unternehmen dies zum Beispiel für ihr Corporate Knowledge nutzen können. Ganz offen mit Stärken, Schwächen, Potenzial und Risiken. Und genau eine solche Offenheit gehört zum wesentlichen Element der Philosophie unseres Forums: Ein diskursiver, offener Raum, in dem es auch um Abstraktes gehen darf und vielleicht auch um Grenzen der eigenen Vorstellungskraft.Quantencomputing – die neue Dimension des Computings
Schon bei der nächsten avancierten Technologie wird unsere Vorstellungskraft von der Physikerin, IBM Fellow und ausgewiesenen Quantencomputing- Expertin Dr. Heike Riel auf die Probe gestellt und an ihre Grenzen geführt. Es geht um eine hochkomplexe Berechnung, die selbst mit den leistungsfähigsten der herkömmlichen Computer nicht ausgeführt werden kann. So bräuchte man für die Aufgabe, die Molekularstruktur des Moleküls Hexabenzocoronen zu errechnen, einen Rechner mit einer Leistung von 10 hoch 99 Bits – was mehr Atomen entspricht, als es sie auf der Erde gibt.
Was auf der einen Seite physikalische Grenzen und eine Sackgasse für die klassischen, auf binären Prozessen basierenden Computer darstellt, markiert auf der anderen Seite den Beginn dessen, was in der Forschung die „Quantum Advantage“ genannt wird. Denn ein Quantenrechner, so Riel, würde für die oben genannte Berechnung (lediglich) ganze 500 Quantum-Bits oder abgekürzt Qubits benötigen. Die aktuell von IBM entwickelten Quantencomputer haben derzeit eine Leistung von rund 1.000 Qubits. Schon 2025 erwartet das Unternehmen die Erreichung einer Gesamt-Prozessorleistung von 4.000 Qubits, für 2033 von rund 100.000 Qubits. Sehr beeindruckt bin ich auch von dem folgenden Vergleich. Ausgehend von der exponentiellen Formel 2 hoch 275 geraten wir in Regionen, die noch bis vor Kurzem höchstens der Science-Fiction vorbehalten waren. Riel dazu: „Wenn man 275 Qubits annehmen würde, hätte man mehr Basiszustände, als es sie im beobachtbaren Weltall gibt.“Die Physikerin zieht das Fazit: „Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass man eine komplett neue Computertechnologie baut, die ganz anders funktioniert. Nicht mehr auf den digitalen Prozessen, sondern auf der Quantenphysik.“
Wozu die „Quantum Advantage“ gut ist
Wenn man bedenkt, dass jedes einzelne weitere Qubit die Leistungsfähigkeit des Quantencomputers verdoppelt, bekommt man eine ungefähre Vorstellung davon, welche komplexen Aufgaben z. B. in Wirtschaft und Forschung durch diese neue Technologie endlich angegangen werden können.
Dr. Riel nennt eine ganze Reihe möglicher Anwendungen. Dazu zählen unter vielen anderen die Materialforschung, die schnellere Medikamentenentwicklung in der Pharmaforschung durch leistungsfähigere Simulationsmöglichkeiten, eine neue Finanztechnologie samt Optimierung von Finanzinstrumenten oder insgesamt die Simulation anderer hochkomplexer Systeme, vor denen unsere derzeitigen Rechnerarchitekturen rein physikalisch kapitulieren müssen. Dr. Riels Einschätzung nach werden klassische Computersysteme weiterhin ihre bisherigen Aufgaben erfüllen. Daneben werde es immer leistungsfähigere Systeme speziell für KI-Anwendungen geben – womit sich der Kreis zu den weiteren Referenten schließt. Gefolgt werde dies von einer neuen Generation von Quantencomputern, deren Architektur durch eingebaute Modularität, neue Kühlsysteme, Miniaturisierung und deutliche Energiereduktion hervorstechen werde.
Dr. Heike Riel über das Quantencomputing (l.), Eindrücke während der Keynotes (r.)Podiumsdiskussion – lebhaft und wie so oft viel zu kurz
Die drei exzellenten und hochspannenden Vorträge haben ganz offensichtlich viele Impulse zum Weiterdenken ausgelöst und viele Fragen offengelassen. Das darauffolgende Podiumsgespräch mit den Vortragenden wird jedenfalls vor allem von den Fragen des Publikums gesteuert. Es geht unter anderem um die Macht von generativen Systemen über uns Menschen und ihre Einflüsse auf unser Urteils- und Entscheidungsvermögen. Die Experten empfehlen hier die verstärkte Nutzung der Systeme auch in den Unternehmen und gleichzeitig stete kritische Haltung gegenüber den Ergebnissen.
Auch zum Thema Quantencomputing gibt es im Publikum noch offene Fragen. Der Austausch und eine beginnende Diskussion sind mit der Podiumsdiskussion noch lange nicht zu Ende. Die Diskutierenden nehmen sie mit in die Mittagspause, nur kurz unterbrochen durch das Auftischen des Drei-Gänge-Menüs.
China und das Thema der Mitte
Wie passt das folgende Thema „China“ in dieses thematische Konzert der technologischen Zukunftsmusik? Der langjährige Moderator der Petersberger Gespräche und zugleich renommierte Mathematiker Prof. Heinz-Otto Peitgen liefert in der Vorstellung des nächsten Redners die Antwort. In seiner Gesprächseinleitung zum Interview mit dem China-Kenner, Journalisten und Buchautoren Frank Sieren macht Peitgen die inhaltliche Stoßrichtung seines Interviews klar: Wo steht China als Player, gleichzeitiger Partner und Konkurrent, ja vielleicht auch als (Parade-)Beispiel in dieser rasanten technologischen Entwicklung? Wie soll der Westen mit diesem hochinnovativen erwachten Riesen eigentlich umgehen?
Austausch mit dem Publikum (l.), Prof. Heinz-Otto Peitgen & Frank Sieren (r.)Mehr Realismus wagen...
Auch wenn es notwendig und richtig sei, die eigenen Werte zu achten, so ist laut Frank Sieren der Gegensatz „Werte oder Wirtschaft“ eine falsche Alternative, „die mit der Realität nichts mehr zu tun hat.“ Seine Hauptthese, die der Interviewpartner immer wieder vorbringt: „Nur wenn wir wirtschaftlich stark sind, sitzen wir überhaupt noch am Tisch“ – über dessen Besetzung wir im Gegensatz zu früheren Zeiten längst nicht mehr allein entscheiden.
Der größte Fehler in der Politik wie auch in der Wirtschaft sei es, den Wettbewerber zu unterschätzen. Das gilt im besonderen Maß auch für China. „Wie kommt es dazu, dass ein Land, das sich ideologisch selbst gefangen hat, dann in wenigen Jahrzehnten zum Innovationszentrum der Welt wird […] und was ist das für ein innerer Wandel, welche Qualifikationen hat man dafür gebraucht, was sagt das über die Eliten aus, die heute in China regieren?“ – auf diese Frage des Gesprächsleiters Prof. Peitgen führt der China-Experte mehrere Gründe an:
- Jeder Chinese wisse, wo China einmal stand, und will zu den 27 % Weltmarktanteil wieder zurück.
- Eine beispiellose Öffnung und Privatisierung der Wirtschaft unter Xi Jinping inkl. der Schaffung von idealen Rahmenbedingungen für talentierte und exzellent ausgebildete Rückkehrer aus dem Ausland, vornehmlich den USA.
- Pragmatismus: Die Chinesen „haben ganz nüchtern gesagt, den Dieselmotor von Audi kriegen sie in der Qualität nicht hin, also lassen wir das und gehen gleich in die Elektroautos, und da wurden sie dann relativ schnell so führend, dass sie nun eigentlich zum ersten Mal in ihrer 1000-jährigen Geschichte die Spielregeln für eine der zentralen Branchen des Westens vorgeben können.“
China begreifen – ein Lehrstück in Ambivalenz und Perspektivwechsel
„Wir müssen lernen, dieses Land in seiner Ambivalenz zu erfassen. Wenn wir das nicht tun, kommen wir immer stärker in die Defensive.“ Daher Sierens Empfehlung, in unserer multipolaren Weltordnung den Perspektivwechsel zu üben: Wichtig sei für uns, zu lernen, warum und wie Menschen in diesen Ländern - das gelte nicht nur für China, sondern auch für andere asiatische und afrikanische Staaten – ticken, wie sie die Welt sehen und welche Interessenschwerpunkte sie haben. Sieren mahnt abschließend: „Wir sind eh schon in der Minderheit, und unser Einfluss wird jeden Tag schwächer.“
Austausch und Zusammenkunft in der Villa„Wir sind Gott – und dann?“
Geht es im nächsten Vortrag zwar auch um die Rolle von uns Menschen, so konfrontiert uns die letzte Rednerin des Tages doch mit einem uns herausfordernden Perspektivwechsel. Thea Dorn sei, so sagt sie selbst, innerhalb des Rahmens der Petersberger Gespräche als Philosophin, Autorin und Moderatorin „vom ganz anderen Planeten“.
Sprach Prof. Uszkoreit am Tagesanfang davon, dass wir an die großen Sprachmodelle zum Teil derart hohe Erwartungen stellen, als seien sie Gott, so knüpft Thea Dorn am Tagesende wie zufällig an diese Metapher an, indem sie ihren Vortrag „Wir sind Gott – und dann?“ betitelt. Ihren Ausgangspunkt nimmt sie in Bezug auf den heute dominierenden Homo technologicus. Von hier aus schlägt die Philosophin im Verlauf ihres Vortrages die Brücke in das heutige technologische Zeitalter und den Einfluss von Technologie wie der Generativen KI auf uns Menschen, unser Selbstverständnis und unsere Gesellschaft.
Sie leitet den Blick des höchst interessierten Auditoriums auf die Frage nach dem Warum des menschlichen Daseins, das sich in der Menschheitsgeschichte gewandelt habe und immer noch anpassbar scheint.Der Mensch mit dem großen „M“ und die KI
Einen paradoxen Zwischenschritt zum heutigen menschlichen Selbstverständnis sieht Thea Dorn in der Aufklärung, in der der Mensch, obwohl er nicht mehr im Zentrum des Universums steht, zur letzten Größe wird: Er sei „das Individuum, dem wir Vernunft, Würde, Autonomie, einen freien Willen unterstellen. […] Auf einmal war der Mensch mit dem großen ‚M‘ geboren.“ Und dieses Weltbild habe jahrhundertelang Bestand gehabt und Dissonanzen zwischen religiösem und naturwissenschaftlichem Weltbild ausgehalten.
Mit Blick auf die technologische Entwicklung auch in den Bio- und Neurowissenschaften glaubt die Referentin daran, dass wir gerade dabei seien, dieses Weltbild zu verabschieden. „Stattdessen werden Erzählungen angeboten, dass auch wir Lebewesen letztlich nur Algorithmen sind“ und dass wir unser Hirn nachbauen und simulieren können. Letzten Endes werde das Hirn „als neuronales Netz betrachtet“. Wie dies geschieht, hänge letztlich von der berechtigten Frage ab: „Wie sehen wir den Menschen, wie schauen wir auf uns selbst, wenn wir die Funktionsweise einer Künstlichen Intelligenz, wenn wir neuronale Netze quasi zum Ideal, zum neuen Gott erheben?“ Möglicherweise, so fährt die Philosophin fort, hätten wir mit der entwickelten KI eine neue Gott-artige Instanz geschaffen. Wir verkennen, so Dorn, dabei die Tatsache, dass es sich hier nur um Werkzeuge handelt.
Urteilskraft versus ChatGPT, oder: Wie ein neuer Klerus entsteht
Dorn wirbt in diesem Kontext für die Wiedererstarkung unserer menschlichen Urteilskraft über die Rezeption von Informationen, die uns umgeben, da wir sonst Gefahr liefen, auch unseren Sinn für Plausibilität und Wahrheit zu verlieren. „Liegt es tatsächlich in der Logik dieser Technologie, dass wir den Menschen mit dem großen ‚M‘ […] aufgeben müssen, weil wir erkennen müssen, wir sind defizitäre, neuronale Netze, die leider noch ein paar Probleme haben ...“ – „[…] oder wollen wir den Weg, den der Westen vor gut 200 Jahren in Form der Aufklärung beschritten hat, weitergehen?“
Dieses „Gedankenfeuerwerk“, wie Moderator Peitgen die Podiumsdiskussion mit Thea Dorn einleitet, scheint unsere Teilnehmer zu infizieren. Jedenfalls diskutierte das Publikum zum Ende des Hauptprogramms die Thesen sehr intensiv; offenbar hat Thea Dorn mit ihren Gedanken einige Fenster geöffnet. Der für mich beste Beweis dafür, wie fruchtbar der letzte Vortrag war, ist die an den Philosophen Immanuel Kant angelehnte Frage eines Teilnehmers, „ob ein Übermaß an Automatisierung nicht der ‚Eingang [des Menschen] in die selbstverstümmelnde Bequemlichkeit und Unmündigkeit‘“ sei – als das genaue Gegenteil von Kants berühmter Definition „Die Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“.
Damit endet das Hauptprogramm, aber nur, damit sich die Teilnehmenden in Gesprächsrunden oder in Zwiegespräche zurückziehen können, an denen auch ich teilnehme. Anschließend werden wir wie in jedem Jahr zum kulturellen Rahmenprogramm unseres Kongresses aufbrechen. Gemeint ist damit sowohl das gemeinsame Dinner als auch das Konzert des weltberühmten Jazzpianisten Michael Wollny als Programmteil des Jazzfests Bonn.
Thea Dorn mit der philosophischen Perspektive (l.), Austausch und Zusammenkunft in der Villa (r.)Hier beschließe ich meine Beobachtung des spannenden und kurzweiligen Kongresstages, bereits in planenden Gedanken an die 16. Petersberger Gespräche 2024.
Stephan Huthmacher
Video: Impressionen der Petersberger Gespräche 2023
Die 15. Petersberger Gespräche im Schnelldurchlauf: Beschäftigte sich der Kongress im vorherigen Jahr mit der Bedeutung des Perspektivwechsels für ein neues Denken und neues Tun in Wirtschaft, Forschung und Entwicklung, so wandten sie sich am 23. September 2023 erneut einem technologisch geprägten Thema zu. Es lautete: „Füllhorn der Chancen oder ein Feld ungelöster Probleme? Timing und Antifragilität in der Ära von Deep Tech.“ Es gehört zum Konzept unseres seit 2005 stattfindenden Kongresses, dass das Thema einen Rahmen für die Keynote und die folgenden Vorträge darstellt. Auch in diesem Jahr standen die Vorträge unter dem Anspruch, sowohl Informationen als auch Anregungen für die darauffolgenden Podiums- und Gruppendiskussionen sowie Gespräche zu liefern. Schwerpunktthemen waren - Generative Künstliche Intelligenz um ChatGPT und Co. mit den Vorträgen von Prof. Dr. Hans Uszkoreit & Dr. Andrej Fischer; - Quanten Computing mit dem Vortrag von Dr. rer. nat. Dr. h. c. Heike Riel; - Bedeutung und Potenziale von Chinas technologischem Vorsprung in der Gesprächsrunde mit dem China-Experten Frank Sieren; - Eine philosophische Perspektive auf den immer größer werdenden Einfluss von Technologie auf das menschliche Dasein mit dem Beitrag von Thea Dorn.
Video: Füllhorn der Chancen – oder ein Feld ungelöster Probleme? Eröffnungsrede von Stephan Huthmacher
"Füllhorn der Chancen - oder ein Feld ungelöster Probleme? Timing, Antifragilität & Zukunftsfähigkeit in der Ära von Deep Tech." - so lautet das Motto der 15. Petersberger Gespräche. In seiner Eröffnungsrede geht Gastgeber und Initiator Stephan Huthmacher, CEO der Comma Soft AG, auf seine Leitfrage und -gedanken näher ein.
Video: Über die Wurzelwerke von Innovation – Einführungsrede von Prof. Dr. Dr.-Ing. h. c. Heinz-Otto Peitgen
Moderator Prof. Dr. Dr.-Ing. h. c. Heinz-Otto Peitgen führt in das Thema und die Vorträge der 15. Petersberger Gespräche ein.
Die Petersberger Gespräche® haben inzwischen Tradition und stehen für ein innovatives, grenzüberschreitendes Veranstaltungsformat. Dazu tragen nicht nur die Referent:innen und die engagierten Teilnehmer:innen bei, sondern auch die besondere Art der Moderation, wie sie Professor Heinz-Otto Peitgen führt.
Wir freuen uns sehr darüber, dass sich Prof. Peitgen auch in diesem Jahr bereit erklärt hat, die Hauptmoderation zu übernehmen und unsere Veranstaltung in seiner authentischen, facettenreichen und souveränen Art zu leiten. Prof. Dr. Dr.-Ing. h. c. Heinz-Otto Peitgen ist Mathematiker. Er hat von 1977 bis 2012 an Universitäten in den USA (University of California, Florida Atlantic University) und Deutschland (Universität Bremen) gelehrt. Seine Bücher über Chaostheorie und Fraktale Geometrie sind weltweite Bestseller. In den letzten Jahrzehnten seiner wissenschaftlichen Karriere widmete er sich der angewandten medizinischen Forschung. Besondere Schwerpunkte waren Früherkennung und umfassende Diagnose von Brustkrebs sowie die Verbesserung der onkologischen Leberchirurgie. Im Jahr 1995 gründete er hierfür ein unabhängiges Forschungszentrum, das 2008 als Fraunhofer MEVIS in die Fraunhofer Gesellschaft aufgenommen wurde. Er ist Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Im Jahr 1997 gründete er ein Software-Unternehmen, das er 2007 unter dem Namen MeVis Medical Solutions AG an die Frankfurter Börse brachte. Im Jahr 2006 wurde er mit dem Deutschen Gründerpreis in der Kategorie Visionär ausgezeichnet.
Seine besondere Liebe gilt der Musik. György Ligeti widmete ihm seine 17. Klavieretüde.
Video: Generative AI: Stärken, Chancen und Risiken
Durch ChatGPT konnten sich bereits Millionen von Nutzer:innen von den Fähigkeiten der generativen KI überzeugen. Die neue KI mit ihren eloquenten und superschlauen Basismodellen wird nicht nur die Wirtschaft, sondern auch alle anderen Bereiche der Gesellschaft tiefgreifend verändern.
In seinem Vortrag wird Prof. Hans Uszkoreit schildern, was diese Modelle von der bisherigen KI unterscheidet. Ferner wird er darauf eingehen, warum und auf welche Weise die KI-Modelle die menschliche Intelligenz einerseits ganz deutlich übertreffen und andererseits in bestimmten Aspekten auch nicht annähernd erreichen. Er wird erläutern, wie sich Wissen und Können der KI-Modelle auch von der menschlichen Kognition unterscheiden. An Beispielen wird er dann zeigen, wie die gescheite Kombination von menschlicher und maschineller Intelligenz Leistungen erbringen kann, zu denen weder Mensch noch Maschine allein imstande sind.
Diese mächtige Technologie konfrontiert uns auch mit interessanten Herausforderungen. Die Arbeitswelt, unsere Bildung und unser Rechtssystem müssen sich den neuen Gegebenheiten anpassen. Andererseits müssen aber auch Wissen und Fähigkeiten der Modelle an die Bedürfnisse und die kulturellen sowie rechtlichen Rahmenbedingungen der Einsatzgebiete angepasst werden.
Derzeit ist die Technologie geographisch sehr ungleich verteilt. Welche Risiken ergeben sich daraus für unsere Sicherheit und technologische Souveränität? Durch die gigantischen Rechenaufwände für das Trainieren der Gigamodelle konzentrieren sich die besten Systeme und auch die technologische Kompetenz auf wenige Orte bzw. in wenigen großen internationalen Unternehmen. ie meisten und die leistungsfähigsten Foundation-Modelle befinden sich in den USA und in China. Wie könnte Europa sicherstellen, dass auch unsere Wirtschaft und Gesellschaft ohne zu große Abhängigkeiten von der KI profitieren werden?
Video: Grenzenloser Einsatz von KI? – Prof. Dr. Hans Uszkoreit im Interview
Im Interview mit dem Journalisten Ralph Hötte beantwortet Prof. Hans Uszkoreit, Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), Fragen im Anschluss an seinen Vortrag, den er unter dem Titel "Generative AI: Stärken, Chancen & Risiken" auf den Petersberger Gesprächen hielt. Es geht unter anderem um Aspekte, die wir noch nicht über generative KI wissen und aufgrund derer wir noch nicht um die Grenzen ihrer Fähigkeit wissen.
Video: Quantum Computing – The Path to Quantum Advantage
Quantencomputing – eine völlig neue Art der Berechnung, die sich nach den Gesetzen der Quantenphysik verhält, – entwickelt sich mit rasanter Geschwindigkeit. Trotz der kontinuierlichen Fortschritte der CMOS-Mikroprozessoren, einschließlich spezieller Beschleuniger für Anwendungen in der Künstlichen Intelligenz, gibt es immer noch viele wichtige und relevante mathematische Probleme, die für klassische Computer unlösbar sind. Quantencomputer eröffnen eine neue Methodik des Rechnens basierend auf Quantenbits und ermöglichen somit die Lösung schwieriger und komplexer Probleme, die für Wirtschaft und Wissenschaft relevant sind.
In den letzten Jahren wurden erhebliche Fortschritte beim Verständnis der Grundlagen und der Funktion von Quantencomputern gemacht und Durchbrüche bei der Weiterentwicklung der Hardware- und Softwaretechnologie, bei der Verbesserung der Algorithmen und bei der Entwicklung von relevanten Anwendungen erzielt. Wir entwickeln dieses völlig neue Rechensystem, den Quantencomputer, von Grund auf.
Der Stand der Technik entwickelt sich extrem schnell weiter und die Leistung gemessen in Anzahl Qubits, Qualität und Geschwindigkeit steigt rasant an, sodass, wie kürzlich gezeigt wurde, Quantencomputersysteme anfangen, mit Hochleistungsrechnern bei relevanten Problemen in Konkurrenz zu treten. Spannende Zeiten!
Video: Der „Quantenvorteil“ & generative KI – Dr. Heike Riel im Interview
Angeschlossen an ihren Vortrag "Quantum Computing: The Path to Quantum Advantage" im Rahmen der Petersberger Gespräche 2023 beantwortet Referentin und IBM Fellow Dr. rer. nat. Dr. h. c. Heike Riel die Fragen von Journalist Ralph Hötte. Es geht u.a. um Möglichkeitsdenken im Bereich der generativen KI in Verbindung mit Quantencomputing und in diesem Kontext um den Potenzialgehalt für die Wirtschaft.
Video: ChatGPT jenseits ChatGPT
Schon 1950 führte Alan Turings „Imitation Game“ natürliche Sprache als universelle Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine ein. Mit dem Beherrschen von menschlicher, natürlicher Sprache ist nun ein Meilenstein der Künstlichen Intelligenz erreicht, dessen ganze Tragweite wir heute nur langsam erahnen. Dabei ist der eigentliche Durchbruch nicht das Absolvieren des „Turing Tests“, dessen Eignung zur Identifikation einer künstlichen Person ohnehin zweifelhaft ist. Vielmehr bedeuten ChatGPT & Co. das Durchbrechen von Mauern zwischen uns Menschen mit unserer Fähigkeit zur Innovation und Kreation und digitalen Expertensystemen. Die Verknüpfung von Sprachmodellen mit Plugins, also bidirektionalen Übersetzungsmodulen für Systeme wie Wolfram Alpha oder Programmiersprachen wie Python, ermöglicht den einfachen Zugang zu mächtigen Werkzeugen, die bisher nur einer kleinen Elite von Spezialist:innen vorbehalten waren. Die Arbeitsweise und das Selbstverständnis von Wissenschaftler:innen, Softwareentwickler:innen
und Data Scientists wird sich dadurch neu definieren (müssen).Auch für die Unternehmensführung bricht eine neue Ära an. Wie schon jetzt absehbar, werden mit entsprechenden Plugins für die Daten- und Wissenslandschaften von Unternehmen ganz neuartige Assistenzsysteme für operative und strategische Entscheidungsprozesse möglich. Assistenzsysteme, die Branchenexpertise und strategische Methodik mit den eigenen Unternehmensdaten kombinieren. Aber selbst das ist nur der Anfang. Denn natürliche Sprache als universelle Schnittstelle kann ermöglichen, dass Systeme untereinander kommunizieren und Transaktionen ausführen können. Sie werden somit zu kompetenten Agenten.
Im Gegensatz zu früheren Innovationen aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz haben Sprachmodelle einerseits das größte Transformationspotenzial für die meisten Branchen und meisten Unternehmen. Andererseits war nie eine neue Technologie zugänglicher und hat die Fantasie von Menschen derart angeregt. Mit vielen konkreten Beispielen zeigt Dr. Andrej Fischer, was an diesem Wendepunkt heute bereits möglich und absehbar ist.
Video: Wohin führt uns Generative KI? – Dr. Andrej Fischer im Interview
Dr. Andrej Fischer beantwortet im Anschluss an seinen Vortrag Fragen von Journalist Ralph Hötte im Interview. Es geht um Fragen nach dem Timing, Voraussetzungen und Datenschutz zum Einstieg in die Nutzung generativer KI im Unternehmenskontext und um die Frage, inwiefern KI uns besser und effizienter macht.
Video: ChatGPT, Large Language Models & Quanten Computing – Podiumsgespräch
Im Anschluss an ihre Vorträge beantworten Prof. Dr. Hans Uszkoreit, Dr. rer. nat. Dr. h. c. Heike Riel und Dr. Andrej Fischer Fragen aus dem Publikum.
Video: Vom Kopierladen über die Werkbank der Welt bis zur technologischen Innovationsführerschaft: Was steckt hinter Chinas rasanter Entwicklung?
Verstehen wir Chinas Dynamik richtig? Verstehen die Chinesen uns?
Ökonomischer Partner, systemischer Rivale, Systemfeind und noch vieles mehr: Eins steht fest – China polarisiert und stellt uns vor Rätsel. Trotz der scheinbaren Unvereinbarkeit von Autokratie und technologischer Innovation ist Chinas Staatskapitalismus bemerkenswert erfolgreich. Insbesondere in den Bereichen Technologie und Wirtschaft legt China ein Innovationstempo vor, das uns in Deutschland und Europa regelrecht aufrüttelt. Aus gutem Grund. Aktuell machen sich Chinas Ingenieure und Autobauer daran, die deutsche Automobilindustrie mit neuen E-Mobilitätskonzepten, revolutionären Batteriedesigns und preislich attraktiven, aber keineswegs billigen Automodellen herauszufordern.
Um das multipolare Thema China einigermaßen in den Griff zu bekommen, haben wir Frank Sieren als einen namhaften Kenner der Materie eingeladen, uns in einem Podiumsgespräch zu erläutern, was hinter Chinas Erfolg steht. Ist es die strategische Industriepolitik? Oder eher das einzigartige Mindset der chinesischen Unternehmer:innen, Forscher:innen und Gründer:innen, die eine andere Denkweise als wir in Deutschland haben oder gar beides? Schließlich, was können wir trotz aller systemischen Unterschiede von China lernen?
Durch den Formatwechsel vom Vortrag zum Interview mit Prof. Heinz-Otto Peitgen können wir auch Nebenaspekte beleuchten, die mit unserem diesjährigen Thema – Technologie, Resilienz und Innovation – in Verbindung stehen. Auf diese Weise können wir aktuelle Entwicklungen besser verstehen und einordnen. Denn das sind die Petersberger Gespräche in Reinkultur: Verstehen im und durch Dialog.
Video: Pragmatisches China? – Frank Sieren im Interview über den Vorsprung Chinas im Bereich Generativer KI
Im Anschluss an seinen Vortrag auf den Petersberger Gesprächen antwortet Frank Sieren auf die Fragen von Journalist Ralph Hötte. Es geht um Anwendungsbereiche von Künstlicher Intelligenz, bei denen China die Nase gegenüber dem Western vorne hat und um den Hintergrund, warum das so ist: Was schafft das Land und wie kann es gelingen, dass wir in Deutschland und Europa erfolgreicher werden und gleichzeitig unsere eigenen rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien aufrecht erhalten? Was können wir voneinander lernen und an welchen Stellen sollten wir anfangen andere Fragen zu stellen und einen Perspektivwechsel wagen?
Wir sind Gott – und dann?
„Allwissend“ und „allmächtig“ zu sein, sind Attribute, die der Mensch traditionell dem Göttlichen zuschreibt. Doch seit sich der naturwissenschaftlich-technologische Fortschritt beschleunigt hat wie nie zuvor, scheint sich der Mensch anzuschicken, mit Hilfe der sogenannten „KI“ selbst allwissend und allmächtig zu werden.
Thea Dorn betrachtet den menschlichen Drang nach Erkenntnis und danach, das Schicksal unter seine Kontrolle zu bringen, aus philosophisch-kulturanthropologischer Sicht. Sie diffamiert ihn weder als „Entzauberung der Welt“ noch als „Technologiegläubigkeit“, dennoch fragt sie, was es für unser Verständnis vom Menschsein bedeutet, wenn der naturwissenschaftlich-technologische Blick auf die Welt immer dominanter wird. Laufen wir Gefahr, die Rolle von Wissenschaft und Technik religiös zu überhöhen, wenn die Erwartungen, die wir an sie richten, immer mehr den Charakter von Heilserwartungen annehmen? Welche Konsequenzen hat es, wenn der Mensch keine anderen Formen der Kontingenzbewältigung mehr kennt als die, wirklich alles „in den Griff“ bekommen zu wollen? Was bedeutet es für unser Verständnis von menschlicher Autonomie, wenn wir erkennen müssen, dass die gesteigerte Kontrollmacht in Wahrheit nicht beim Menschen, sondern bei KI-basierten, immer „autonomeren“ Systemen liegt? Und was bedeutet all dies für die Zukunft unserer demokratisch verfassten Gesellschaften, die keineswegs auf Kontrolloptimierung zielen, sondern auf den Interessenausgleich zwischen für mündig gehaltenen Bürgern? Vor dem Hintergrund immer weiter anschwellender „Homo Deus“- und „Transhumanismus“-Phantasien entwickelt Thea Dorn ein leidenschaftliches Plädoyer für ein nach wie vor humanistisches Verständnis des Menschseins.
Video: Ein philosophischer Blick auf „Künstliche Intelligenz“ – Interview mit Thea Dorn
Im Anschluss an ihren Vortrag beantwortet Thea Dorn im Interview mit Journalist Ralph Hötte Fragen über den Intelligenzbegriff, das Bewusstsein und die Grenzen von Funktionalität im Kontext von KI.
Video: Thomas Armerding über die Petersberger Gespräche 2023
Thomas Armerding, Vorstandsvorsitzender der HANSA-FLEX AG, berichtet über seine Eindrücke der 15. Petersberger Gespräche in der Villa Hammerschmidt in Bonn.
Video: Prof. Dr. Hans Maier über die Petersberger Gespräche 2023
Prof. Dr. Hans Maier, Co-Founder von und Managing Partner bei BGM Associates GmbH, berichtet über seine Eindrücke der 15. Petersberger Gespräche in der Villa Hammerschmidt in Bonn.
Video: Burkhard Oppenberg über die Petersberger Gespräche 2023
Burkhard Oppenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung der Gothaer Systems GmbH, berichtet über seine Eindrücke der 15. Petersberger Gespräche in der Villa Hammerschmidt in Bonn.
Video: Dr. Michael Müller-Wünsch über die Petersberger Gespräche 2023
Dr. Michael Müller-Wünsch, Bereichsvorstand Technology bei der Otto GmbH & Co. KG, berichtet über seine Eindrücke der 15. Petersberger Gespräche in der Villa Hammerschmidt in Bonn.
Video: Philipp Deiters über die Petersberger Gespräche 2023
Philipp Deiters, Global Head of Division Food bei der Crespel & Deiters GmbH & Co. KG, berichtet über seine Eindrücke der 15. Petersberger Gespräche in der Villa Hammerschmidt in Bonn.
Video: Dr. Jürgen Sturm über die Petersberger Gespräche 2023
Dr. Jürgen Sturm, CIO der ZF Friedrichshafen AG, berichtet über seine Eindrücke der 15. Petersberger Gespräche in der Villa Hammerschmidt in Bonn.
Video: Dr. Renate Jerecic über die Petersberger Gespräche 2023
Dr. Renate Jerecic, Head of Collaboration Office bei der Siemens Healthineers AG, berichtet über ihre Eindrücke der 15. Petersberger Gespräche in der Villa Hammerschmidt in Bonn.